1. Erhebliche Erweiterung der Anwendbarkeit der umsatzsteuerlichen Ist-Besteuerung
Unternehmer, die eine freiberufliche Tätigkeit ausüben, können die Umsatzsteuer nach verein-nahmten Entgelten berechnen und abführen. Bei Kapitalgesellschaften, die den freiberuflichen Tätigkeiten entsprechende Leistungen erbringen, war für die Anwendung der Istbesteuerung zu-sätzlich erforderlich, dass sie berufsrechtlich zugelassen sind. Der VwGH hat nunmehr entschie-den, dass diese Einschränkung für Kapitalgesellschaften in Widerspruch zur Neutralität des euro-päischen Mehrwertsteuersystems steht.
Künftig kann die Istbesteuerung für sämtliche Tätigkeiten des § 22 Z 1 lit b EStG, unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige eine natürliche Person oder eine Kapitalgesellschaft ist, ange-wandt werden. Darunter können daher auch Kapitalgesellschaften fallen, die die Tätigkeiten von Unternehmensberatern, Versicherungsmathematikern, Schiedsrichtern im Schiedsverfahren, Jour-nalisten, Dolmetschern und Übersetzern ausüben.
2. Ex tunc Wirkung einer Rechnungsberichtigung
Mit Erkenntnis vom 1.6.2017 hat der VwGH festgehalten, dass im Fall einer formal unvollständi-gen Rechnung (zB Fehlen der UID-Nummer) die Erstattung der Vorsteuern trotzdem ex tunc im Erstattungszeitraum der ursprünglichen Rechnungsausstellung gewährt werden kann, wenn der Antragsteller noch vor dem Erlass des endgültigen Umsatzsteuerbescheids die berichtigte Rechnung vorlegt.
3. Neuerliche Judikatur zum Richtwertmietzins
Der VfGH hat neuerliche Beschwerden zum Richtwertmietzins wiederum abgewiesen. Die Antragstel-ler haben die unterschiedliche Höhe der Richtwerte in den Bundesländern und vor allem den willkür-lich zu niedrig angesetzten Richtwert für das Bundesland Wien bekämpft. Der VfGH blieb bei seiner Ansicht, wonach dem Gesetzgeber bei der Gestaltung des Mietrechts ein erheblicher Gestaltungs-spielraum zukomme, zumal teils widerstrebende wohnungs-, sozial- und stadtentwicklungspolitische Interessen dabei ausgeglichen werden müssen. Die unterschiedlich hohe Festsetzung von Richtwer-ten für einzelne Länder sei dabei nicht unsachlich.
4. Anschaffungsnebenkosten – Abzugsverbot für Privatanleger
Der VfGH hat jüngst einen Antrag des BGF auf Aufhebung des § 27a Abs 4 Z 2 EStG abgewiesen. In dieser Bestimmung ist das Abzugsverbot von Anschaffungsnebenkosten für – dem besonderen Steuersatz für Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegende, nicht in einem Betriebsvermögen gehal-tene – Wirtschaftsgüter und Derivate geregelt. Der VfGH sah keine verfassungsrechtlichen Beden-ken gegen die Ausweitung des im EndbesteuerungsG angeordneten Abzugsverbots für Werbungs-kosten auf Anschaffungsnebenkosten angesichts der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit der bei der Veräußerung und Anschaffung anfallenden Aufwendungen.
5. Prüfungsbeschluss zu den Einkünften aus privaten Grundstücksveräußerungen
Der VfGH hat jüngst beschlossen, die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge „oder § 30a Abs 1“ in § 20 Abs 2 EStG und des § 30 Abs 7 EStG von Amts wegen zu prüfen. Dabei handelt es sich um das Abzugsverbot für Aufwendungen und Ausgaben, die bei der Ermittlung von Einkünften aus privaten Grundstücksveräußerungen nicht abgezogen werden dürfen (wie zB Fremdkapitalzinsen) sowie das Ausgleichsverbot für Verluste aus Grundstücksveräußerungen. Die Entscheidung des VfGH bleibt abzuwarten.