HÖCHSTGERICHTLICHE ENTSCHEIDUNGEN

Wir haben für Sie die unserer Meinung nach für die Praxis besonders relevanten Judikate herausgesucht und in kurzer Form dargestellt.

  • Personal-Pkw im Betriebsvermögen eines Facharztes
    Der Arzt überließ der in seiner Ordination angestellten Ehefrau einen Pkw zur Privatnutzung als Sachbezug. Dieser Pkw gehört dann zum Betriebsvermögen des Arztes, wenn die Entlohnung der Ehefrau zuzüglich dieses Sachbezuges (berechnet mit marktüblichen Preisen) noch in einer fremdüblichen Entlohnung der Ehefrau als Ordinationshilfe Deckung findet.
  • Grundsätzlich keine Aktivierung von Mietrechten und Baurechten
    Das Miet- und Pachtrecht wie auch das Baurecht haben sogenannte schwebende Dauerverträge zum Inhalt. Das laufende Nutzungsentgelt für Miet- und Pachtrechte sowie Baurechte ist nicht zu aktivieren, sondern sofort Betriebsausgabe. Zu aktivierende Anschaffungskosten für das Miet- und Pachtrecht bilden nur jene Aufwendungen, die über das Nutzungsentgelt hinaus geleistet und für den Abschluss des Mietvertrages als solchen erbracht werden (zB Ablösezahlung). Auch beim Baurecht sind nur die über den laufenden Baurechtszins hinausgehenden Aufwendungen, wie zB die Grunderwerbsteuer, zu aktivieren.
  • Hälftesteuersatz nur bei Veräußerung der gesamten Kommanditbeteiligung
    Auch wenn der Kommanditist, der über Sonderbetriebsvermögen verfügt, nur einen Teil seines Kommanditanteils (ohne Sonderbetriebsvermögen) verkauft, liegt eine Betriebsveräußerung vor, für welche der anteilige Freibetrag zusteht. Das Sonderbetriebsvermögen wird diesfalls dem verbleibenden Kommanditanteil des Verkäufers zugeordnet. Die Begünstigung des Hälftesteuersatzes steht für den Gewinn eines solchen Verkaufes nicht zu. Zu den Voraussetzungen des Hälftesteuersatzes gehört es nämlich, dass der Gesellschafter seinen gesamten Kommanditanteil verkauft.
  • Keine steuerfreien Schmutz-, Erschwernis- oder Gefahren-Zulagen beim Urlaubsentgelt
    Die für Zeiten des Urlaubes mit dem laufenden Urlaubsentgelt ausbezahlten Schmutz-, Erschwernis- oder Gefahren-Zulagen sind steuerpflichtig, weil während des Urlaubs keine Arbeitsleistungen unter den im Gesetz genannten erschwerten Voraussetzungen erbracht werden. Solche für Zeiten des Urlaubs ausgezahlte Zulagen sind also nicht einkommensteuerbefreit. Für die praktische Handhabung dieser Regelung bieten die LStR in Rz 1132 die Vereinfachungsmaßnahme, die Steuerfreiheit für elf von zwölf Kalendermonaten anzuwenden.
  • Das Übersehen der elektronischen Bescheidzustellung in die FinanzOnline-DataBox
    Die Kindesmutter erhielt im Februar 2020 einen (schriftlichen) Bescheid des Finanzamtes betreffend Rückforderung der Familienbeihilfe und erhob dagegen Beschwerde. Das Finanzamt erließ einen (digitalen) Mängelbehebungsauftrag zur Behebung formeller Mängel der Beschwerde. Der Mängelbehebungsauftrag wurde der Kindesmutter elektronisch in die FinanzOnline-DataBox zugestellt. Weil die Kindesmutter die Zustellung in die Databox übersah und deshalb nicht reagierte, wurde das Beschwerdeverfahren eingestellt. Der Antrag der Kindesmutter auf Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Frist blieb nun erfolglos. Wer als Teilnehmerin von FinanzOnline weder ausdrücklich auf die Möglichkeit der elektronischen Zustellung verzichtet noch ausreichende Maßnahmen setzt, um zeitgerecht Kenntnis über elektronische Zustellungen zu erlangen, handelt mit grobem Verschulden.
  • BFG kann seinen Denkfehler oder Irrtum nicht durch Berichtigungsbeschluss korrigieren
    Das BFG hatte zunächst über Beschwerden betreffend Körperschaftsteuer mit Erkenntnis entschieden. Nachträglich erließ das BFG einen Beschluss betreffend die Berichtigung seines Erkenntnisses. Das BFG begründete, aufgrund eines Denkfehlers habe es die Körperschaftsteuer zu niedrig berechnet. Der VwGH hob den Berichtigungsbeschluss des BFG als rechtswidrig auf. Die Möglichkeit einer Erkenntnisberichtigung dient nicht dazu, Denkfehler und Irrtümer des BFG bei der Auslegung des Gesetzes zu berichtigen. Fehler, die dem BFG im Zuge der Willensbildung unterlaufen, insbesondere ein Vergessen oder ein Übersehen von Umständen, sind nicht mit einem Berichtigungsbeschluss korrigierbar.
  • GrESt bei Einräumung eines Baurechts
    Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer für die Einräumung eines Baurechts ist die Gegenleistung, zumindest aber der Grundstückswert nach der Grundstückswertverordnung.
  • Grunderwerbsteuer bei Vereinigung der Anteile an einer KG
    Die GmbH hielt seit dem Jahr 2006 einen 80%igen Kommanditanteil an der KG, die ein Grundstück besitzt. Eine Komplementärin der KG war als reine Arbeitsgesellschafterin nicht am Vermögen der KG beteiligt. Die weitere Komplementärin, welche die restliche Vermögensbeteiligung in Höhe von 20% innehatte, übertrug ihre Beteiligung im Jahr 2020 auf die GmbH. Die GmbH wurde damit 100%ige Anteilsinhaberin an der KG. Die Vereinigung von Gesellschaftsanteilen in einer Hand löst auch dann Grunderwerbsteuer aus, wenn die Gesellschaft, welcher das Grundstücks gehört, eine Personengesellschaft (hier: KG) ist. Die im Jahr 2020 erfolgte Vereinigung der Gesellschaftsrechte löste daher Grunderwerbsteuer aus.
  • Kein Vorsteuerabzug bei Anmietung einer Wohnung durch den Gebäude-Miteigentümer
    Zwei Personen waren je zur ideellen Hälfte Eigentümer eines Miethauses mit mehreren Wohnungen. Einer der Miteigentümer mietete für seine privaten Wohnzwecke eine der Wohnungen von der Miteigentümergemeinschaft. In Bezug auf diese vom Miteigentümer privat verwendete Wohnung steht der Miteigentümergemeinschaft kein Vorsteuerabzug zu.
  • Umsatzsteuerliche Rechnungsberichtigung für verjährte Jahre ist möglich
    Wenn der Unternehmer in bereits verjährten Jahren (hier: 2004 bis 2007) Rechnungen mit einem zu hohen Umsatzsteuerbetrag ausgestellt hat und deshalb die Umsatzsteuer aufgrund der Rechnungslegung schuldet, kann er immer noch die Rechnungen berichtigen und damit die zu viel an das Finanzamt gezahlte Umsatzsteuer zurückerlangen. Für den Aussteller der Rechnung wirkt nämlich die Rechnungsberichtigung erst im Jahr der Vornahme der Rechnungsberichtigung. Für das Jahr der Vornahme der Rechnungsberichtigung ist noch keine Verjährung eingetreten.
  • Keine Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung bei Leistungen an Konsumenten
    Es entsteht dann keine Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung, also wegen des bloßen Ausweises der Umsatzsteuer in einer Rechnung, wenn die Kunden des Rechnungsausstellers ausschließlich Endverbraucher sind und daher von vorneherein keinen Vorsteuerabzug geltend machen können. Zweck der Steuerschuld aufgrund Rechnungslegung ist nämlich nur die Vermeidung der Gefährdung des Steueraufkommens, die durch einen unrechtmäßigen Vorsteuerabzug eintreten kann.